Wilhelmshavener Zeitung: Neuer Verein in Wilhelmshaven gegründet – Netzwerk will internationale Schulprojekte bündeln und fördern

Die Gründungsmitglieder freuen sich auf die Vereinsarbeit für „Lehrer ohne Grenzen“ (von links): Schriftführer Christoph Ringsdorf, Ulrike Preis, Schatzmeisterin Annemarie Castillo, Vorsitzende Dr. Wiebke Endres, Jörg Stamerjohanns, Arno Randig, Dr. Christina Randig und die 2. Vorsitzende Sara Meyer-Vaske. Foto: Endres/P

Die Gründungsmitglieder freuen sich auf die Vereinsarbeit für „Lehrer ohne Grenzen“ (von links): Schriftführer Christoph Ringsdorf, Ulrike Preis, Schatzmeisterin Annemarie Castillo, Vorsitzende Dr. Wiebke Endres, Jörg Stamerjohanns, Arno Randig, Dr. Christina Randig und die 2. Vorsitzende Sara Meyer-Vaske. Foto: Endres/P Stephan Giesers

WILHELMSHAVEN. Zwischen den Schulen in Deutschland und der kleinen Schule im armenischen Chambarak nahe der aserbaidschanischen Grenze liegen Welten: Schulbücher sind Mangelware, Klassenräume verdreckt und Toiletten nicht mehr als ein Plumpsklo. Stattdessen zählen Gasmasken zum selbstverständlichen Inventar. Die Schüler laufen auf nacktem Estrich: Der Parkettboden wurde Stück für Stück auseinandergerissen und gegen die Kälte im Ofen verfeuert.

Dr. Wiebke Endres, Studiendirektorin am Neuen Gymnasium Wilhelmshaven, hat die Zustände in der zerschossenen Schule vor einigen Jahren selbst erlebt. Und sie weiß: In vielen Ländern dieser Welt steht es schlecht um die Bildungschancen der Kinder.

Netzwerk für Lehrer

Mit dem Verein „Lehrer ohne Grenzen“ wollen Endres und ihre Mitstreiter diese Welt ein wenig besser machen. Mit der Idee haben sie einen Nerv getroffen: Schon kurz nach der Vereinsgründung war die erste Großspende auf dem Konto – und auch die Zahl der Mitglieder wächst stetig, freut sich Endres. Sie stellte als frisch gewählte Vorsitzende den neuen Verein vor – gemeinsam mit Annemarie Castillo, die selbst Auslandserfahrungen aus einem Projekt in Peru einbringt und zur Schatzmeisterin gewählt wurde.

Die Nähe zum Namen der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ kommt nicht von ungefähr. Der neue Verein will ein internationales Netzwerk für Lehrer schaffen, die sich in Bildungsprojekten im Ausland engagieren wollen. Das Ziel: Bildungsprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern fördern. „Es geht um den Aufbau von neuen Schulen – Stein auf Stein“, sagt Endres. Auf der anderen Seite sollen Lehrer miteinander in Kontakt treten und gemeinsam Bildungsangebote entwickeln.

Engagieren sollen sich aber nicht nur Lehrer, sondern alle Menschen, die ihr Wissen teilen wollen. So steht der Verein auch Schülern offen. Beitreten können zudem Schulen und andere Bildungsinstitutionen. Und mit der Pädagogischen Hochschule Luzern hat der Verein bereits einen großen Partner an seiner Seite.

Eigene Erfahrungen

Dass der Verein mit seinem Vorhaben an Grenzen stoßen wird, ist den Gründungsmitgliedern indes bewusst. „Wir wollen nicht unsere deutsche Idealvorstellung auf andere Länder übertragen, sondern für die Kinder vor Ort die bestmögliche Bildung erreichen – mit Blick auf ihre Lebenswirklichkeit“, sagt Endres. Dass schon mit wenigen Mitteln viel erreicht werden kann, habe sie durch ihr eigenes Engagement in Armenien und in einem Schulprojekt auf Bali schon selbst erlebt. Die Erfahrungen nahm Endres mit nach Hause – zusammen mit der Idee für den Verein. Zudem kam die Pädagogin mit Lehrern aus aller Herren Länder zusammen, als sie einen Workshop der Nasa in Huntsville, Alabama, besuchte. „In 80 Prozent der Länder ist das Bildungssystem nicht so, wie wir es uns für unsere Kinder wünschen“, sagt sie. Insbesondere Mädchen hätten häufig gar keinen Zugang zu Bildung.

Erste Projekte im Blick

Einige Projekte hat „Lehrer ohne Grenzen“ schon in den Fokus gerückt – darunter auch das Projekt auf Bali, für das sich Endres schon engagiert hat. Weitere Unterrichtsräume sollen geschaffen werden. In Kenia soll zudem ein Projekt des Oldenburger Vereins „Little Angel“ unterstützt werden: In Mombasa haben die Oldenburger eine Schule mit angegliedertem Waisenhaus gebaut, die Einrichtung wird auch von den umliegenden Dörfern genutzt. Zum Projekt zählt eine Farm. Damit sich die Schule selbst versorgen kann, soll zusätzliches Land erworben werden.

Die Pädagogische Hochschule Luzern bringt ihr internationales Kooperationsprojekt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ins Netzwerk ein. Dabei erarbeiten Studenten und Studentinnen aus Kamerun und Luzern gemeinsam Unterrichtsmaterial, das angepasst in beiden Ländern zum Einsatz kommt und somit eine Brücke zwischen beiden Welten schlägt.

Im Aufbau befindet sich zudem ein Projekt in Peru, dafür lässt Annemarie Castillo ihre Kontakte spielen. Und wie Endres ist sie fest davon überzeugt: „Wir müssen Bildung global denken. Das ist der Schlüssel für die Lösung vieler Probleme auf dieser Welt.“

Aus der Wilhelmshavener Zeitung vom 23.09.2021, Seite 5 von Stephan Giesers